Die Liebe an miesen Tagen by Ewald Arenz

Die Liebe an miesen Tagen by Ewald Arenz

Autor:Ewald Arenz [Arenz, Ewald]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783832182779
Herausgeber: Dumont
veröffentlicht: 2023-01-15T23:00:00+00:00


28

Elias wachte von dem schönen Geräusch ihres schnellen Atmens auf. Er driftete ganz langsam aus dem Schlaf ins Wachsein hoch; ein paar Fetzen eines ganz und gar friedlichen Traums waren noch vorhanden. Er spürte den Bildern an der Grenze zum Tagbewusstsein ein paar Augenblicke nach, dann öffnete er die Augen. Zum Fenster wehte es so kräftig und kühl herein, dass er die Decke über die Schultern zog. Über Nacht war ein Sturm aufgekommen. Der Himmel war fast ganz blau, aber von draußen hörte man das Singen der Böen in den Dachantennen und das wilde Rauschen in den Baumkronen.

»Machst du das jeden Morgen?«

Er hatte sich aufgesetzt und sah Clara im Liegestütz.

»Das geht dich nichts an«, antwortete sie in knappen, atemlosen Stößen zwischen den Bewegungen, »in meinem Alter muss man was tun.«

Elias warf sich auf den Bauch und sah ihr über den Bettrand hinweg zu.

»Du siehst so unglaublich sexy aus. Ich glaube nicht, dass ich so viele schaffe.«

»Lenk mich nicht ab«, keuchte sie, musste lachen und verlor alle Muskelspannung. »Geh Tee kochen.«

»Um nichts in der Welt will ich verpassen, wie eine schöne, fast nackte Frau Leibesübungen auf ihrem spiegelnden Parkett unternimmt.«

Er stützte das Kinn in die Hände. Clara sah zu ihm hoch, die Augenbrauen spöttisch hochgezogen.

»Spiegelndes Parkett … wenn ich hier unten bin, sehe ich jeden Morgen, dass ich mal wieder staubsaugen sollte. Was ist jetzt mit dem Tee? Ich würde im Gegenzug mein Arbeitslosengeld sinnlos verpulvern und Brötchen holen gehen.«

Elias stand auf.

»Nicht ohne mich. Gehen wir so, oder ziehst du dir was an?«

Er küsste sie auf beide nackte Schultern. Dann ging er ins Bad. Clara sah ihm nach. Wie natürlich er sich in ihrer Wohnung bewegte, obwohl er das erste Mal hier war. Und es war schön, ihn dazuhaben. Es hatte ein kleines Zögern in ihr gegeben, gestern, als sie spät abends angekommen waren. Sie hatte seit damals keinen der Männer mehr in die Wohnung gelassen. Immer war sie irgendwohin mitgegangen. Sie hatte niemandem die Tür zu ihr öffnen wollen.

Sie ging ins Bad. Elias stand unter der Dusche.

»Komm rein«, rief er. Lachte.

Aber sie zog nur die Glastür einen Spalt auf, griff nach ihm und küsste ihn stürmisch auf den Mund.

Als er sich abtrocknete, öffnete er das Fenster. Der Sturm stieß stark und kühl herein. Auf den Dächern ringsum schwankten die Satellitenschüsseln. Über dem Turm stand ein junger Falke hoch im Blau und musste kaum die Flügel bewegen, weil der Wind ihn immer höher trug. Er fühlte ein wildes Glück. Es traf ihn wie einer der Windstöße, die durch das Fenster hineinfegten. Man konnte es nicht anders nennen: wildes Glück. Er hätte die Arme ausbreiten und aufsteigen wollen wie der Falke. So trug es ihn. Das Bild von ihr, atemlos im Liegestütz auf dem Parkett. Der Kuss in der Dusche. Ihr immer überraschendes Lachen.

Clara, sagte er leise für sich. Nur für sich, weil es sich so großartig anhörte. Clara.

Sie gingen durch den winddurchwehten Morgen. Überall lagen Äste und Zweige auf Straße und Gehsteig.

»Ich mag Sturm«, sagte Clara. »Es ist dann immer, als käme endlich alles in Bewegung.



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